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Ecole d'Humanité

Die Ecole d'Humanité im Berner Oberland, Schweiz, ist ein internationales Internat für Jungen und Mädchen aus aller Welt. Sie wurde 1934 gegründet von Edith und Paul Geheeb, der zu den bekanntesten deutschen Pädagogen des 20. Jahrhunderts gehört und im Jahre 1910 bereits die Odenwaldschule gründete.

Von meiner Link-Seite aus finden Sie Informationen über den Hintergrund, die Geschichte, ecoledie Theorie und die Entwicklung des Schulsystems.

Ich bin ein Ecoleaner - das sagt eigentlich alles und gleichzeitig überhaupt nichts!
Wir gehören den verschiedensten Jahrgängen an, vom zweiten Weltkrieg bis heute, kommen von allen denkbaren Kontinenten, entstammen entsprechend vieler Kulturen und Religionen. Ebenso vertreten wir alle sozialen Schichten, da die Ecole d'Humanité nicht nur von Kindern wohlhabender Eltern besucht werden kann.
Was also ist ein Ecoleaner?

Ein Ecoleaner ist ein Mensch, der sich seiner eigenen Fähigkeiten gemäss entwickeln durfte. Lernen heisst nicht, den Schulplan stumpf zu absolvieren und den Menschen zu nivelieren. Die Stärken jedes Einzelnen sollen gefördert werden, die Schwächen nicht ignoriert sondern erkannt und integriert werden.

"Werde der Du bist" ist ein Leitsatz, der die Grundhaltung dieser Schule am besten beschreibt. Viele von uns kommen wie ich aus einem Umfeld, das uns genau dies niemals erlaubt hätte. Das Ziel jeder Erziehung sollte selbstbewusste Menschen sein, die Verantwortung übernehmen in einer Gesellschaft, die alle Erdenbewohner umfasst. Die Ecole d'Humanité ist erfolgreich bemüht, genau dies zu tun.

Mit diesem Teil meiner Site möchte ich möglichst viele Informationen über diese besondere Schule vermitteln und meine Wertschätzung ausdrücken.

Daniela U. Moneke-Leder (Kameradin 1974-1977)

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Leben in der Ecole .... es hat sich so einiges geändert über die Jahrzehnte (das Essen wurde besser etc. LOL

Ich schreibe diesen Text in der männlichen Form. Nathalie Lüthi wird das nicht gefallen aber ich finde es so anstrengend, diese Doppelformen zu lesen und als Frau kann ich mir dies leisten :-). Ich danke für das Verständnis.

Wenn Du neu in die Ecole kommst, weisst Du nicht so richtig, was Dir passiert. Auf den ersten Blick scheint es keine Strukturen zu geben.Ein Glück, dass da ein "helfender Kamerad" auf Dich wartet. Es ist ein Schüler, der Dir in der nächsten Zeit helfen wird, Dich zurecht zu finden.

Du ziehst also in Dein Zimmer ein, das Du vielleicht mit jemandem teilst, der eine Sprache spricht, die Du (noch) nicht kennst. Willkommen in der Ecole! Am ersten Tag hast Du nun also einen Zimmerkameraden, einen helfenden Kameraden und eine ganze "Familie" gewonnen. Diese besteht aus zwei Mitarbeitern und einigen anderen neuen und alten Schülern aus aller Welt. Die Ecole besteht aus verschiedenen Häusern, die überall im Dorf Goldern stehen. Das Zentrum bilden die Häuser um den Max Cassiererplatz. Dort trifft man sich zum Basketballspiel, Volkstanz, Skateboarden und vielem mehr oder man lässt sich auf der grossen Treppe zu einem Schwatz nieder.

Das Geräusch eines grossen Gongs holt Dich morgens (früh morgens!) aus dem Schlaf. Also: Ab unter die Dusche (zu meiner Zeit hiess das noch kalte Dusche, dies hat sich inzwischen geändert) und runter in den Essaal. Das heisst, vorausgesetzt es ist Winter, denn im Sommer besammelst Du Dich erst mal mit Deiner "Familie" vor Deinem Haus zum Morgensport. Nicht jedermanns Sache, kann ich gut nachfühlen, ist aber ganz lustig.

Das Essen nimmst Du jeweils an einem Tisch mit Deiner "Familie" ein. Einige Schüler servieren das Essen (eine der beliebtesten "Putzpausen" an der Schule). Dann werden meist verschiedene Informationen verlesen und ab geht's ..... eben ..... in die Putzpause. Ein schönes Wort für einen möglicherweise unangenehmen Job, den Du nun so zwei Wochen lang nach jedem Frühstück erledigen wirst. Kann sein, Du schrubbst Toiletten, oder Du wäschst Geschirr oder Du machst Ordnung um die Häuser - je nach Saison Laub rechen, Schnee schaufeln, Unrat zusammensuchen - was meine Lieblingsputzpause war.

Das erste Schulfach dauert dann ca. 1 1/2 Stunden, die nächsten zwei je eine Stunde. Du wirst pro Trimester jeden Morgen die gleichen drei Fächer studieren, dies gibt Dir die Möglichkeit, Dich eingehend mit dem entsprechenden Thema zu beschäftigen. Diese Fächer hast Du übrigens selber gewählt ..... nur wenn Du wie ich versuchst, drei Jahre lang Deutsch zu nehmen, weil es einfach ist, wird die Schulleitung eingreifen :-) Dank der kleinen Klassen wirst Du viel profitieren.

Nach dem Essen findet die Mittagsruhe statt, Du hast Zeit für Dich selbst, für Deine Hausaufgaben oder was immer Du Lust hast, nur leise und in Deinem Zimmer musst Du sein. Ach ja, Radio hören oder fernsehen ist nicht: Solche Geräte hast Du in Deinem Zimmer nicht. Aber Du darfst gerne selber ein Instrument spielen ... wenn auch nicht gerade in der Mittagsruhe.

Der Gong erinnert Dich daran, dass es nun Zeit ist für die Nachmittagskurse. Diese sind ausschliesslich musischer, künstlerischer oder sportlicher Natur. Die Ausbildung in der Ecole soll alle Fähigkeiten fördern, nicht nur die intellektuellen. Also wirst Du jetzt zum Volkstanz, Basketball, Töpfern oder Klettern gehen ..... es wird Dir schwer fallen, Dich zwischen all den Angeboten zu entscheiden. Natürlich hast Du nun auch Freizeit und kannst Dich jetzt und nach dem Abendessen bis 20.15 Uhr mit den rund 150 anderen Menschen in der Ecole treffen, mit ihnen in dieser wunderschönen Gegend spazieren gehen, bei interessanten Gesprächen Tee trinken (Tee trinken ist DIE Beschäftigung in der Ecole ... selbst die Engländer können da nicht mithalten).
Allerdings solltest Du nicht vergessen, Deine Hausaufgaben zu machen oder Deine Wäsche zu waschen, denn es ist niemand da, der das für Dich tut oder Dir sagt, DASS Du es tun sollst.

Am Freitag nachmittag ist schulfrei. Toll, denkst Du aber Du wirst sehr beschäftigt sein: Erst kommt die grosse Putzpause, nun wird aber mal richtig geputzt! Dann findet die Schulgemeinde statt, an der alle möglichen Themen des Zusammenlebens in der Ecole besprochen und Beschlüsse gefasst werden. Zusammen, Deine Meinung ist gefragt! Zu meiner Zeit gab es nur zwei Themen, die tabu waren: Das Essen und das Rauchverbot. Wie ich gehört habe, soll das Essen sich inzwischen so verbessert haben, dass wohl gar keine Klagen mehr nötig sind und das Rauchverbot ...... ja das Rauchverbot .... am besten gar nicht damit anfangen, es bringt ehrlich echt Ärger, ich spreche aus Erfahrung.
Nach der Schulgemeinde finden dann die Gruppentreffen statt. Es gibt alle möglichen Gruppen zu den verschiedensten Aufgaben in der Ecole. Ich war damals in der Putzplangruppe, die die Putzpläne pünktlich und möglichst gerecht erstellen und aushängen mussten.

Am Wochenende hast Du viel freie Zeit. Man trifft sich zur Singgemeinde und am Samstag abend findet abwechslungsweise ein Disco- oder ein Volkstanzabend statt. Bist Du im Teeny-Alter ist der Discoabend natürlich ausgesprochen wichtig für das Privatleben der nächsten zwei Wochen: Wird er mich zum slow auffordern oder wird er nicht?! Oder soll ich vielleicht .....?
Am Sonntag abend trifft man sich dann zur Andacht, die oft von Schülern organisiert wird. Trotz des Namens ist dies nicht eine religiöse Veranstaltung, bei den vielen verschiedenen Religionen, die in der Schule vertreten sind, soll für keine missioniert werden.

Wie schon erwähnt: Im Sommer machst Du jeden morgen Morgensport aber warte erst mal bis der Winter kommt! Dann gehst Du jede Woche einen ganzen Tag Ski fahren! Das heisst, Du darfst nicht in die Schule, Du musst Ski fahren, ist das nicht schrecklich ;-)
Ich seh' Dich schon jeden Morgen in voller Skimontur zum Frühstück erscheinen. Und welche Enttäuschung, wenn es heisst "nicht heute".

Es gibt jedes Jahr eine 1-tage-, eine 3-tage- und eine 6-tage Wanderung. Also für mich war die Vorstellung beim ersten Mal absolut schrecklich. Wandern, nein so was! Ich habe alles versucht; Mich im Standquartier bei den Kranken anzumelden, eine Mischung von Shampoo, Seife, Senf und was meine Zimmerkollegin Anahi sonst noch so zusammen mixte zu trinken ..... schlecht wurde es mir "big time", erbrechen musste ich auch, am Morgen war ich völlig zittrig auf den Beinen aber man versorgte mich mit einer grossen Portion Traubenzucker und ab ging's auf die Sigi Pommer Wanderung in den (das?) Tessin. Es war eine tolle Woche! In den folgenden Jahren machte ich dann Skitouren mit Georg Brabant, ich hoffe, es gibt auch heute Mitarbeiter, die solche Touren veranstalten, es ist ein Erlebnis, sechs Tage auf Skiern in den Bergen zu wandern.
Während des Jahres gibt es noch viele andere Veranstaltungen, die organisiert und genossen werden wollen. Sei es das grosse Sommerfest, oder das Shakespeare-Stück, das natürlich in englisch einstudiert und aufgeführt wird, die Volkstanzgruppe, die auch ausserhalb der Schule Aufführungen abhält. Zu meiner Zeit bauten wir den Waldsportplatz - heute gehen die Schüler zum Beispiel zum Treffen mit Al Gore, um sich über Umweltpolitik zu unterhalten: Die Beschäftigungsmöglichkeiten und Interessen sind so vielfältig wie die Menschen an dieser Schule. Etwas besonderes ist auch die Projektwoche, in der der Schulunterricht einer ganzen Woche auf ein einziges Thema konzentriert ist. Diese Themen werden selbst gewählt.

Hast Du ein Problem, kannst Du Dich an den Kameradenrat wenden, eine Gruppe von Schülern, die sich mit den Problemen an der Schule im allgemeinen und persönlichen Angelegenheiten von Schülern im Speziellen auseinandersetzt und diese auch gegenüber der Schulleitung vertritt.
Das wichtigste an der Ecole ist das Zusammenleben, die Gleichberechtigung aller. Du bist hier nicht einfach Schüler, befolgst die Regeln und passt Dich an. Nein, Du sollst die Schule mitgestalten, Deine Meinung und Kreativität sind gefragt. Deine Lehrer sind Deine Kollegen. Aber wenn Du willst, dass man auf Dich hört, musst Du lernen zu argumentieren - und zuzuhören. Lösungen zu finden und Entscheidungen durchzuziehen. Wenn Du Streit hast mit einem Mitschüler kannst Du ihn nicht einfach beschimpfen und nach Hause gehen - Du bist hier zu Hause und er/sie lebt mit Dir zusammen!
Das ganze Leben findet in mindestens zwei Sprachen statt: Deutsch und Englisch. Dazu kommen natürlich die unzähligen Sprachen, die die Schüler untereinander noch sprechen. Es wird das schweizerische und das amerikanische Schulsystem angeboten, so dass alle problemlos nach Abschluss der Ecole in ihrem Heimatland in die jeweiligen Schulen übertreten können. Wenn Du willst, kannst Du bis zur Matura hier bleiben.

Die Ecole-Zeit ist für alle Schüler eine unvergessliche Zeit, in der sie viel über sich und andere gelernt und Freunde für's Leben gefunden haben. Ich kenne keinen Ecoleaner, der Probleme hat mit den Zeichen unserer Zeit. Die Ecole d'Humanité ist der Mikrokosmos unserer Erdengemeinschaft.

 

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Hier gibt es ein Buch-Tipp zur Ecole d'Humanité